Konsum-Terror

Der Verbindung der Begriffe Konsum und Terror, einer Kreation Jahrgang 68, haftet etwas absurd Übertriebenes, Widersinniges und unfreiwillig Komisches an. Man stelle sich vor: schwer bewaffnete, vermummte Männer stehen vor einer Konditorei und zwingen die Leute unter Androhung der sofortigen Exekution, hinein zu gehen und sich Kuchen und Pralinen zu kaufen. Konsum scheint zunächst vor allem den Verzehr von Lebensmitteln zu bedeuten, und unter Terror kann man sich unter anderem auch ziemlich konkret das Verhungern und Verdursten (lassen) vorstellen, also eigentlich die völlige Abwesenheit von Konsum. Die 68er meinten aber eindeutig Terror durch Konsum und Konsumzwang, und sie müssen von Anfang an im Terrorbegriff einen starken Ausdruck für abstrakte, seelische, spirituelle, das menschliche Leben finster beherrschende Mächte und Missstände gesucht haben. Mit was für Formen und Strukturen des Konsums hat die kapitalistische Konsumgesellschaft auf ihrem Siegeszug bis heute die Welt nicht überzogen! Da hört sich Konsum/Terror wie ein versunkener Orakelspruch an. Denn wir konsumieren nicht nur Milch und Brötchen, sondern Reisen, Gespräche, Programme, Ideen, Inhalte, Therapien, Ideologien, Gefühle, Erlebnisse, Menschen, Dienstleistungen aller Art. So gut wie alles, was sich verkaufen und vermarkten lässt, wird verkauft und vermarktet. Und auch der Konsument wird mit ver-marktet in dem Sinn, dass man versucht, ihn am Markt zu halten. Er soll möglichst wenig zu einer Orientierung finden, die ihn vom Markt der käuflichen Dinge wegführt, er soll ein Mensch des Marktes werden, ein homo agorae, der immer wieder diese oder jene neue hardware und software braucht, und den ausgeklügelte Verkaufs-Strategien immer wieder in die Läden treiben, wenn er kompetent und kompatibel, „glücklich“, „erfolgreich“, „gesund“ usw. bleiben will.

Sogar die Kommunikation selbst ist vielfältig konsumierbar geworden. Ein Mensch, der eigentlich nur mal eben telefonieren wollte, kann in einen solchen Dschungel von Funklöchern, Kompatibilitäts-Problemen usw. geraten, dass er an den Rand eines Nervenzusammenbruchs kommt. Kann man sagen, dass er terrorisiert wird? Kann man sich eine Art Ausbeutung durch Konsum vorstellen, die historisch die alte Ausbeutung durch Arbeit überholt hat? Und müssen wir uns Sorgen machen, weil gerade die Dinge des Lebens, die es lebenswert machen und ein wenig wahrhaftes Glück verheißen, kaum mit Geld zu kaufen sind: Gute Gespräche, sinnliche, seelische und geistige Liebe, Kreativität, freie Natur, Freundschaft, innere Würde, Tanzen, Singen, Spielfreude...?

 

 

 

 

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